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Auszug - Bekanntgabe einer Dringlichkeitsentscheidung: Pflege in Augsburg hier: Koordination Pflegeberufegesetz, Sozialgesetzbuch IX und XI sowie UN-Behindertenrechtskonvention  

 
 
Stadtrat Augsburg (Kongreß am Park)
TOP: Ö 26
Gremium: Stadtrat Augsburg Beschlussart: zur Kenntnis genommen
Datum: Do, 23.04.2020 Status: öffentlich/nichtöffentlich
Zeit: 9:00 - 16:25 Anlass: Sitzung
Raum: Kongress am Park
Ort: Gögginger Str. 10, 86159 Augsburg
DRI/20/04200 Pflege in Augsburg
hier: Koordination Pflegeberufegesetz, Sozialgesetzbuch IX und XI sowie UN-Behindertenrechtskonvention
   
 
Status:öffentlichVorlage-Art:VO Dringlichkeitsentscheidung
Referent/Initiator:Dr. Stefan Kiefer, Bürgermeister
Federführend:Referat 3 Beteiligt:Amt für Soziale Leistungen, Senioren und Menschen mit Behinderung
 
Beschluss
Abstimmungsergebnis

Dringlichkeitsentscheidung

 

1. Der Bericht zur Begleitung der Pflegeberufeausbildung durch die Stadt Augsburg (siehe Begründung) wird zustimmend zur Kenntnis genommen.

 

2. Um für künftige Entwicklungen im Bereich der Pflege gerüstet zu sein, richtet die Stadt Augsburg ihr Augenmerk auf folgende Themen:

  • Koordination der beruflichen Ausbildung in der Pflege, Vollzug Pflegeberufegesetz,
  • Prüfung der Einführung eines Pflegestützpunktes in Augsburg, Vollzug PflegeVG SGB XI
  • Durchführung der Pflegeaspekte im Bereich der Inklusion, Vollzug SGB IX und UN-Behindertenrechtskonvention

 

3. Zur intensiven Bearbeitung des Themas Pflege, insbesondere der unter Ziffer 2 genannten Aufgaben sind die notwendigen personellen Ressourcen zu ermitteln und zu beantragen.

 

 

 

Begründung

 

Begründung zur Koordination der beruflichen Ausbildung in der Pflege:

 

Seit dem 1. Januar 2020 gilt im Bereich der Pflegeausbildung die neue "generalistische Pflegeausbildung" entsprechend dem Pflegeberufegesetz. Die generalistische Pflegeausbildung vereint in sich die vormaligen drei Ausbildungsgänge, Altenpflege, Krankenpflege und Kinderkrankenpflege zu einem Ausbildungsgang. Damit wird die bestehende (deutsche) Dreigliederung der Pflegeberufe aufgehoben und den Absolventen die Anstellung und ggf. Berufswechsel, im Prinzip europaweit in allen Krankenhäusern und Pflegeeinrichtungen ermöglicht.

 

Die generalistische Pflegeausbildung wird in Augsburg zum neuen Schuljahr ab September 2020 starten. Im Raum Augsburg sind davon sieben Berufsfachschulen mit etwa 400 Schülern pro Schuljahrgang betroffen. Der Schulsprengel, der hier den Planungen zugrunde liegt, reicht auch in Teile der angrenzenden Landkreise Augsburg und Aichach-Friedberg.

 

Mit Inkrafttreten des Pflegeberufegesetzes haben sich die Rahmenbedingungen für die Pflegeausbildung maßgeblich verändert: Nicht nur die bisherige Trennung der drei Ausbildungsrichtungen wurde aufgehoben, sondern es wurde auch gleichzeitig der Praxiseinsatz stark verändert. Alle Auszubildenden müssen nun verhältnismäßig lange Einsätze absolvieren, die z.B. im Krankenhaus (Erwachsene und Kinder), im Pflegeheim, bei ambulanten Diensten, in der Psychiatrie und ggf. auch bei Kinderärzten verortet sind.

 

r alle Berufsfachschulen bedeutet diese Gesetzesänderung, nicht nur eine von Grund auf notwendige Restrukturierung der bisherigen Organisation und inhaltlichen Schwerpunktsetzungen, sondern auch einen deutlichen Anstieg an Koordinations- und Kooperationsaufwand zwischen den praktischen Ausbildungsstellen. Die bisher von jeder Schule selbständige und unabhängige Ausbildungsplanung muss nun zwischen allen Beteiligten (allen Berufsfachschulen, Kliniken, Pflegeeinrichtungen, Ambulanten Diensten etc.) koordiniert werden, um die städtischen/regionalen Einsatzressourcen optimal zu nutzen. Hierbei müssen alle Ausbildungsabschnitte die notwendige Praxisanleitung und Ausbildungskapazitäten vorhalten, was insbesondere bei den ambulanten Pflegediensten noch große Schwierigkeiten aufwirft und die Koordination der Ausbildung insgesamt zu einer großen Herausforderung macht.

 

Das Gelingen einer Koordination vor Ort ist aber ein ganz entscheidender Dreh- und Angelpunkt für eine Pflegeausbildung, die den Schülern Perspektive vermittelt, in Augsburg und Umgebung zu bleiben. Sie ist grundlegend für den Erhalt der Ausbildungsplätze in den Pflegeeinrichtungen und der Schulen und letztendlich für die Sicherung der künftigen Pflege in Augsburg.

 

Eine Abordnung der Berufsfachschulen für Pflege hat sich nun an das Sozialreferat gewandt, mit der dringenden Bitte, die Schulen im Bereich der Koordination der neuen Pflegeausbildung zu unter-stützen. Damit dies gelingen kann ist eine übergeordnete und von Einzelträger-Interessen freie Ebene nötig. Die Schulen betonen, dass sie das Sozialreferat der Stadt als eine solch neutrale Stelle sehen, die im Sozialraum verbindlich agieren kann und das allseitige Vertrauen der Schulen, der Praxisstellen und auch der künftigen Schüler genießt.

 

Die Aufgabe dieser Koordination wird es sein, die Schulen sowie nach-und-nach die Praxisstellen an einen Tisch zu bringen, damit aus diesem Verbund die eigentlich notwendige Koordinationsstelle entsteht, die dann die Koordination im Dreieck "Schüler - Praxisstelle - Schule" übernimmt.

 

Ferner soll die städtische Koordinierungsstelle in der Praxis auftretende Fragen und Unklarheiten gegenüber dem Freistaat Bayern klären sowie über den Bayerischen Städtetag die Vernetzung mit den bayerischen Städten sichern.

 

Eine weitere Aufgabe wird sein, auftretende außergewöhnliche Einzelfälle zu analysieren und Strukturen zu entwickeln, die auch individuelle Lösungen zulassen.

 

Die Stadt Augsburg hat als Träger öffentlicher Belange im eigenen Wirkungskreis für die Gesundheit und Wohlfahrtspflege Sorge zu tragen (Art. 57 Gemeindeordnung). Angesichts des eklatanten Mangels an Pflegekräften - auch für den eigenen Altenhilfebetrieb - muss die Stadt hier subsidiär auf den "Hilferuf" der Schulen eingehen und im Rahmen ihrer Möglichkeiten die Ausbildung künftiger Pflegekräfte mit organisieren helfen.

 

 

 

Nachdem sich der Schulsprengel auch auf die beiden benachbarten Kreise bezieht, wurde von Seiten der Sozialplanung auf fachlicher Ebene bereits der Kontakt zu den beiden Landkreisen hergestellt. Ebenso zur Regierung von Schwaben als zuständige Schulaufsichtsbehörde.

 

Begründung für die Prüfung einer möglichen Einführung eines Pflegestützpunktes in Augsburg; Vollzug PflegeVG (SGB XI):

 

Die Beratung pflegender Angehöriger und von Pflege betroffener Senioren hat im Laufe der vergangenen Jahre im Umfang und in ihrer Komplexität deutlich zugenommen. Mit Ausnahme der AOK-Bayern sowie der privaten Krankenversicherung kommen die restlichen Pflegekassen, die den größten Anteil aller Pflegebedürftigen versichern, ihrem Auftrag zur Beratung nur mäßig nach. Um hier die bestehenden Engpässe in der Beratung zu lindern, plant und fördert das Bayerische Gesundheitsministerium zusammen mit den Kranken- und Pflegekassen die Errichtung von Pflegestützpunkten. 

 

Aufgaben des Pflegestützpunktes entsprechend § 7c SGB XI:

 

  • Umfassende sowie unabhängige Auskunft und Beratung zu allen Sozialleistungen und sonstigen Hilfsangeboten einschließlich der gesetzlichen Pflegeberatung.
  • Koordinierung aller, für die wohnortnahe Versorgung und Betreuung in Betracht kommenden medizinischen sowie pflegerischen und sozialen Hilfs- und Unterstützungsangebote, ein-schließlich der Hilfestellung bei der Inanspruchnahme der Leistungen.
  • Koordination und Weiterentwicklung aufeinander abgestimmter pflegerischer und sozialer Versorgungs- und Betreuungsangebote in der Stadt.

 

Zur Errichtung haben die kommunalen Gremien mit den Kranken- und Pflegekassen Rahmenverträge mit umfangreichen Bedingungen und Anlagen verhandelt. Im Verfahren sind rechtliche- und personelle Fragen zu klären wie auch Fragen zur Liegenschaft und umfangreiche Klärungen hinsichtlich dem Einfügen eines Stützpunktes in die bestehende Beratungslandschaft der Stadt. 

 

Der Prozess ist in seiner Komplexität durch die Abteilung Sozialplanung in ihrer jetzigen Besetzung nicht durchführbar.

 

Begründung für die Notwendigkeit, zur Durchführung der Pflegeaspekte im Bereich der Inklusion, Vollzug SGB IX und UN-Behindertenrechtskonvention

 

Mit seiner Entscheidung vom 28.03.2019 hat der Stadtrat den ersten Augsburger "Aktionsplan Inklusion" in Kraft gesetzt. Der Inklusionsplan enthält 41 Maßnahmen, die alle Bereiche des täglichen Lebens umschließen. Für Maßnahmen, die durch die Stadt selber erledigt werden können, kann die "Fachstelle Inklusion" auf die Zusammenarbeit der städtischen Dienststellen setzen. Maßnahmen, in klinischen Bereichen sind ausgesprochen zeitintensiv und diffizil. Sie sprengen bei weitem den Rahmen einer Verwaltungsstelle Inklusion innerhalb der Abteilung Sozialplanung des ASL. Gemeint sind damit die Betreuung von Menschen mit Behinderung im Krankenhaus (Maßnahme 25), die Gründung von Kooperationsbeziehungen zum Auf- und Ausbau eines ambulanten 24-Std-Pflege Angebotes (Maßnahme 17) oder die Schaffung von Plätzen der Kurzzeitpflege für Kinder und Jugendliche mit Behinderung (Maßnahme 24).

 

Diese Prozesse sind in ihrer Dimension durch die Fachstelle und die Abteilung Sozialplanung in ihrer jetzigen Besetzung nicht durchführbar.